Bedeutung des Waldes
Aus heutiger Sicht lebten die Menschen der Gemeinde Houverath in früherer Zeit in sehr bescheidenen, ärmlichen Verhältnissen. Der Wald, insbesondere der Flamersheimer Erbenwald mit weit über 2 Tsd. Hektar Größe, war „Brotkammer“ und „Viehstall“ zugleich.
Grundvoraussetzung für Fleisch, Milch und Käse waren nicht die wenigen kargen Ackerböden und Wiesen, sondern die Waldbeweidung. Besonders deutlich zeigt dies ein Schreiben des Grafen von Blankenheim von 1564 an den damaligen Grundherren des Flamersheimer Erbenwaldes, den Herzog von Jülich und den Herrn von Landskron, nachdem diese den Gemeinheiten Houverath und Limbach die Weiderechte im Wald entziehen wollten. In diesem Schreiben heißt es, „dass ein Waldweideverbot die Blankenheimer Gemeinde Houverath-Limbach, an den Bettelstab bringen würde, das ganze Dorf dem Verderben nahegebracht werde und letztlich alle Einwohner wegziehen müssten. Die Viehweide im Flamersheimer Wald sei für die Dorfbewohner lebensnotwendig.“
Bis zur sogen. französischen Zeit, ab 1794, war die bäuerliche Landwirtschaft wohl völlig anders als wir sie heute kennen. Nutztiere in Stallhaltung, im Sommer ausreichend geerntetes Raufutter, im Winter Fütterung mit Heu und Stroh, das gab es nur in geringen Anteilen. Erst zu Anfang des 19. Jahrhunderts fand die Einführung von Stallhaltung, Klee- und Wiesenkultur in der Eifel statt. Durch diese Entwicklung war die Waldweide nicht mehr der Mittelpunkt der Ernährung.
Bedeutung der Viehhaltung in der Gemeinde Houverath
Man unterschied im Wesentlichen drei Arten von Nutzvieh:
Hornvieh: | Rindvieh, Schafe und Ziegen |
Spannvieh: | Pferde, Ochsen und Kühe |
Tragtiere: | Maultiere und gelegentlich Esel |
Das Wohlergehen des Viehs war in früheren Zeiten von existenzieller Bedeutung, die Nutzung des Waldes für die Viehhaltung überlebenswichtig. Für ärmere Familien, davon gab es in der Houverather Gemeinde nicht wenige, konnte der Verlust einer einzigen Kuh oder einer Ziege den Ruin bedeuten. Erst 1779 wurde im Kölner Kurstaat eine Fakultät für Mediziner eingerichtet. Ab 1780 gab es die ersten Ärzte in der Eifel, die über ein Examen verfügten. Diese Ärzte waren für Menschen als auch für das Vieh zuständig. Häufig hatte das Vieh auch Vorrang vor den menschlichen Patienten.
Eine Houverather Kuh, die vor 250 Jahren hier lebte, hat allerdings nur wenig mit den heute gebräuchlichen Hochleistungsrassen gemein. Eine durchschnittliche Kuh wog damals 150 bis 200 Pfund, bei einem Stockmaß von 1,14 – 1,30 m.
Eine wichtige Grundlage für die Ernährung dieser Tiere waren die verschiedenen Arten von Futterreisig. Hierbei wurden junge Triebe von Hasel, Holunder, Ahorn, Eiche, Birke, Rotbuche usw. ab Mai geschnitten, ein- oder zwei Tage getrocknet, gebündelt und eingelagert. Da die nährstoffreichsten Zweige nicht stärker als ½ Zentimeter sind, holzige und schimmelige Stellen aussortiert wurden, waren dies Tätigkeiten, die meist von Kindern und schwächeren Personen ausgeführt wurden. Je nach Tierart wurde das Futter dann unterschiedlich zubereitet; für Schweine wurden die Blätter gekocht, für Kühe gehäckselt und Schaf und Ziege wurden die Zweige am Stück serviert (auf die zusätzliche Nutzung der Eichenrinde zur Gerberei wird an anderer Stelle dieses Wanderweges eingegangen).
Die Bedeutung der Schafhaltung in früherer Zeit …und heute
Auf dem Foto ist eine Schafherde aus dem Ortsteil Wald zu sehen. Es handelt sich hier um die Rasse Coburger Fuchsschaf. Eine Haustierrasse, die in den 1980er Jahren fast vom Aussterben bedroht war. Dieser Rassetyp kommt den "Eifeler Füchsen" aus früherer Zeit wohl sehr nahe. Ein widerstandfähiges, genügsames Schaf, bestens an das raue und nasse Klima der Mittelgebirge wie Westerwald und Eifel angepasst. Eine Besonderheit der Fuchsschafe ist seine Farbe. Bei der Geburt haben die Lämmer eine rotbraune Farbe; die Farbe der Wolle hellt im Laufe der Zeit auf, hat aber auch bei erwachsenen Tieren im Allgemeinen noch einen leicht rötlichen Schimmer.
Fuchsschafwolle ist bestens an nasse und kalte Witterung angepasst. Einzelne Stichelhaare im Wollflies leiten Wasser und Feuchtigkeit wie eine Drainage nach außen ab. Bei hochwertigen Tuchen sind diese einzelnen Haare im Flies jedoch nicht so gerne gesehen.
Wirtschaftliche Bedeutung der Schafhaltung – Heide und Ödland als Basis für den Wohlstand in Münstereifel
Auch heute noch legen Häuser wie das Windeckhaus in der Orchheimer Straße in Bad Münstereifel Zeugnis ab, welchen Wohlstand und wirtschaftliche Bedeutung Tuchmacher, Färber, Weber und Gerber für Münstereifel hatten. Für ein einziges großes Fachwerkhaus in der Orcheimer Straße wurden bis zu 100 Eichenbäume verschiedener Stärken aus dem Münstereifeler Stadterbbusch verbaut. (um 1654 – Genehmigung des Stadtrates)
Ausgangsbasis und Fundament dieses Wohlstandes in Münstereifel waren die Schafe. Seit dem 11. Jahrhundert in unserer Gegend das mit Abstand wichtigste Nutztier. Wolle für die Weber, Färber, Tuchmanufakturen; Fleisch, Fett für Schuster-Leder und Schaftalg für die Lampen. Genaue Zahlen gibt es erst seit der französischen Zeit. 1812 wurden in den sieben Thürne-Dörfern plus Effelsberg 1.180 Schafe gezählt, ohne Lämmer. In fast allen Dörfern gab es Hütehaltung mit einem Dorfhirten. Morgens früh ertönte ein Hornsignal, alle Bauern öffneten die Schafställe und die Schafe starteten zum allmorgendlichen Ausgang. Für je sechs gehütete Schafe hatte der Hirte das Recht, ein Schaf im Winter beim Bauern füttern und unterstellen zu lassen.
Nach „Altem Recht“ hatte der Hirte auch Anspruch auf die kleinen Wollflusen, die an Hecken und Gestrüpp hängen blieben. Diese wurden selbstverständlich alle eingesammelt und genutzt. Außerdem gab es die Möglichkeit eines Mittags- und Nachtpferches; heißt: gegen einen kleinen Obolus wurden die Hinterlassenschaften der Schafe als Biodünger veräußert; beim Nachtpferch wurden die Schafe um Mitternacht noch einmal auf frischen Boden umgekoppelt. „Seine Schäfchen ins Trockene bringen“, dieser Ausdruck entstammt wohl der vielfältigen Möglichkeit mit Schafen zu bescheidenem Wohlstand zu kommen.
Schafhaltung erfolgte fast ausschließlich auf kargem Öd- und Heideland. Noch um 1900 waren in den sieben Thürne-Ortschaften 91 ha und in Neichen / Lethert 240 Hektar als Heide und Ödland in den Karten verzeichnet.
Industrielle Nutzung des Waldes
Der natürliche Laubwald wurde durch die Eisenindustrie in der Eifel, die einen hohen Bedarf an Holzkohle hatte, nachhaltig geschädigt. In der Nähe der Hochöfen, die wegen des Wasserbedarfes meist in Flusstälern lagen, war das Umfeld bald völlig verwüstet. Nach und nach wurden dann auch entferntere Gebiete in Mitleidenschaft gezogen, bis dann im 18. Jahrhundert Holzkohle in der Eifel knapp (und teuer) wurde. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die – auch zwangsweise – Wiederaufforstung von Ödflächen mit anspruchslosen Kiefern und Fichte begonnen, sie herrschen auch heute in den Wäldern im Thürnegebiet vor. Die Anpflanzung der Nadelbäume, im Volksmund „preußisch Holz“ genannt, führte dann zu einer entscheidenden Strukturveränderung der Eifelwälder. Schon vor über 100 Jahren erkannten einzelne Förster die Probleme der Monokulturen: „Willst du den Wald vernichten, so pflanze nichts als Fichten“.
Die landwirtschaftlich genutzten Böden im Thürnegebiet sind durch Nährstoffarmut gekennzeichnet (Bodenwertzahl 20-30), eine intensive Nutzung ist zusätzlich durch die im Bereich der Bäche oft anhaltende Frühjahrsvernässung erschwert. Im Thürnegebiet trifft man Getreidefelder nur selten an. Bodenkundlich handelt es sich vorwiegend um flachgründige Braunerden, untergeordnet um sogenannte Pseudogleye, die sich auf den Sand- bzw. Tonsteinen des Rheinischen Schiefergebirges des Devons gebildet haben.
Wildkatze
Mit Glück lässt sich in der Dämmerung eine Wildkatzenbeobachtung machen. Die männliche Wildkatze (Kuder) ist deutlich größer und schwerer als unsere Hauskatze, besitzt graues Fell, viele Schnurrhaare und am Körper einige wenige schwarze Streifen. Der Schwanz ist schwarz-geringelt und buschig. Mit dem Fernglas sind die genannten Merkmale gut zu erkennen. Diese Art gehört gemäß § 7des Bundesnaturschutzgesetzes zu den streng geschützten Arten.
Rotmilan
Der Rotmilan, auch Gabelweihe genannt, segelt mit angewinkelten Flügeln über den Weiden und Flußläufen des Thürnegebietes und kann auch an seinem Ruf (langgezogenes Wiiieeh) erkannt werden. Der große rot-weiße Greifvogel mit den dunklen, gespreizten Handschwingen schraubt sich gerne an den Hängen in die Lüfte. Der majestätische Rotmilan hat ein kleines Verbreitungsgebiet und er ist überwiegend in Deutschland, Frankreich und Spanien zu Hause.
Der Rote Milan war Vogel des Jahres 2000. Mit der Wahl sollte seinerzeit auf seine Gefährdung durch die Intensivierung der Landwirtschaft sowie die besondere Verantwortung Deutschlands für die Erhaltung dieser Art (Tierart nationaler Verantwortlichkeit Deutschlands) aufmerksam gemacht werden. Deutschland gehört zu seinen Hauptverbreitungsgebieten.
Quellen:
Geologisches Landesamt Nordrhein-Westfallen, Geologische Karte 1:100.000, Blatt C 5506 Bonn mit Erläuterungen, Krefeld 1987
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR): Bodenübersichtskarte 1:200.000 (BÜK 200), Blatt CC 5502 Köln, Hannover 2012
Scheffer & Schachtschabel: Lehrbuch der Bodenkunde, 16. durchgesehene Auflage, 2010
http://www.eifelfuehrer.de/eifelkunde/waelder